Donnerstag, 17. März 2016

Etappe 4: Wir übersprinten Christoph Sauser auf dem Vorderrad

Felix berichtet: „Gehirn, jetzt sei kreativ!“, sage ich mir, als ich mich frisch geduscht mit einem Cappuccino in die Riders-Lounge setze und mich am heutigen Blogeintrag versuche. Nachdem mein Hirn, wie auch der Rest meines mittlerweile etwas zerschundenen Körpers, heute wieder gründlich durchgerüttelt wurde, tue ich mich schwer, die Ereignisse der heutigen Etappe in der richtigen Reihenfolge zusammenzufassen. Höchstwahrscheinlich begann der Tag mit dem Erwachen im luxuriösen Einmannzelt. Mittlerweile gewöhne ich mich an die Nächte im Zelt und finde schon fast erholsamen Schlaf. Das mag aber auch an den gesunkenen Ansprüchen meinerseits liegen, die sich momentan auf ein Minimum aus Essen und Schlafen beschränken. Aber wenigstens wurde unser Urlaub für heute verlängert, denn die Etappe würde mit nur 75 km die bisher kürzeste Etappe werden und wir sollten, so nix Unvorhergesehenes geschieht, noch vor 12:00 wieder im Race-Village sein. Bevor es aber so weit war, galt es dieses mit dem Start um 7:00 Uhr erst einmal zu verlassen. Wie an den vergangenen Tagen ging die Sonne kurz nach dem Startschuss auf. Zum ersten Mal seit unserer Landung in Kapstadt tat sie dies jedoch hinter einem Schleier aus Wolken, sodass die Temperaturen während des Rennens erträglich sein sollten. Noch nicht hundertprozentig munter fielen mir die ersten Meter schwer und wir entschieden uns im ersten Anstieg des Tages nicht zu viel Pulver zu verschießen. Im Vergleich zu den letzten Etappen lief es für mich heute dennoch schon von Beginn an so, wie sonst erst nach zwei bis drei Rennstunden. Nach einer kurzen Singletrailabfahrt ging es dann in einer kleinen Gruppe aus vier Teams in den zweiten Anstieg des Tages. Hier zeigte sich die niederländisch geprägte Vergangenheit der Region, denn der Anstieg trägt in Anlehnung an den Berg der Holländer den Namen Aap d’Huez. Zwar deutlich kürzer als sein großer Bruder in den französischen Alpen, verfügte er über einige Spitzkehren mehr. Nachdem wir die 29 Serpentinen im Anstieg hinter uns gebracht hatten, ohne dass uns schwindlig wurde, stürzten wir uns in den nächsten Downhill, der weitere gefühlte 1000 km Singletrail einläutete. Im ständigen auf und ab der nächsten Rennstunde festigten wir unsere Position und konnten sogar noch auf ein paar Teams vor uns auffahren. Abgesehen vom unfreiwilligen Gewichtstuning bei Sebastian in Form zweier verlorener Flaschen war der Rest der Etappe recht ereignislos. Unsere zwei verbliebenen Trinkflaschen konnten wir an der letzten Verpflegung wieder auffüllen, sodass uns, auch dank der verhältnismäßig kühlen Temperaturen, kein Nachteil aus unserem kleinen Missgeschick erwuchs. Von eben jener dritten und letzten Verpflegungsstelle befanden wir uns mit dem mehrmaligen Weltmeister Christoph Sauser und seinem südafrikanischen Partner in bester Gesellschaft. Diese genossen wir auch bis zum Ziel, wo es zum Sprint um Platz 20 kam. Im Eifer des Gefechts übersah Sebastian eine kleine Mulde im Rasen und fuhr den Sprint einige Meter nur auf dem Vorderrad. Für einen Augenblick waren die Chancen 50 zu 50, ob Sebastians Hinterrad oder sein Gesicht zuerst wieder Bodenkontakt aufnimmt. Zum Glück entschied sich das Schicksal für die erste Variante und wir konnten den Sprint gewinnen. Realistisch betrachtet haben wir zwar nicht Christoph Sauser, sondern seinen Teampartner übersprintet, aber beim Cape Epic fährt man im Team: Man gewinnt zusammen und man verliert zusammen. Daher habe ich auch keine Skrupel mir den heutigen Zielsprint gegen den ehemaligen Weltmeister als besondere Qualifikation in den Lebenslauf zu schreiben. Im Ziel war es uns dann zum ersten Mal zu kühl und wir begaben uns recht schnell zu unseren Zelten. Von dort aus leiteten wir dann die Regeneration für die morgige Königsetappe ein, was mich wieder ins hier und jetzt in der Riders-Lounge bringt. Diese füllt sich so langsam und ich beende diesen Blogeintrag, um mir einen der letzten verbleibenden Plätze auf den Matratzen zu suchen und ein Nickerchen zu machen. Photo by Nick Muzik/Cape Epic/SPORTZPICS

1 Kommentar:

  1. Aus der Ferne gewöhnt man sich langsam daran- super Rennleistung+super Rennbericht. Gehirn und restliche Körperteile scheinen noch voll funktionstätig. Jungs: Chapeau! Für Morgen alles Gute!
    PS: Könnt ihr die "17" überhaupt realisieren?

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