Montag, 14. März 2016

Etappe 1: Wir lassen uns weder von Drähten noch von Zebras aufhalten

Nach dem Vorgeplänkel gestern ging’s heute richtig los. Am Ende waren es 108 Kilometer auf ziemlich ruppiger Strecke bei brutaler Hitze (jedenfalls für uns - für afrikanische Verhältnisse ist es a****kalt und wir sehen einen Fahrer aus Ruanda, der noch eine Mütze unterm Helm hat). Wie wir uns jetzt fühlen? Keine Ahnung, wie man das beschreibt. Man müsste sich vermutlich schon mit dem Presslufthammer in die Sauna stellen und fünf Stunden lang bei parallel ausgeführten Kniebeuge eine Betonwand abreißen, um in unserem Zustand anzukommen. Aber der Reihe nach: Unser Tag beginnt 4:50 Uhr mit dem Versuch nach der ersten Nacht im Zelt wach zu werden. Kurz nach fünf sind wir pünktlich zum Frühstück fassen. Felix entdeckt Waffeln mit Erdnussbutter als neue „Droge“ – ein erstklassiges Rennfahrerfrühstück. Dazu schüttet er noch drei Tassen Kaffee hinter. Das kann ja heiter werden heute. Das Warmfahren wird weitgehend wegrationalisiert. Sowas machen nur die ganz Verrückten. Aber die werden spätestens morgen oder übermorgen auch damit aufhören (die um den Sieg fahrenden Profis mal ausgeschlossen). Nach dem Startschuss um sieben wird auf staubiger Strecke losgepflügt. Die Sicht im geschlossenen Feld beträgt genau null Meter – also völliger Blindflug. Wir müssen uns ganz schön anstrengen, um am Feld dranzubleiben. Klar, auf der ersten Etappe wollen es noch alle wissen. Dummerweise erwischt Felix ein anderthalb Meter langes Stück Draht. Dieses verwuschtelt sich in Schaltwerk und Hinterrad und wickelt sich noch dreimal um die Nabe. Es dreht sich damit gar nix mehr. Zum Glück haben wir ja schon Erfahrung im Ausfitzen (http://capeepic2016.blogspot.de/2016/03/es-geht-verbluffend-unspektakular-los.html). Nichtsdestotrotz dauert es eine ganze Weile bis wir wieder loslegen können. Wir sind damit natürlich erstmal das letzte der 41 UCI-Teams. Vielleicht ist das aber gar nicht so dumm, denn so können wir unser eigenes Rennen fahren und werden nicht verleitet zu überziehen. Es ist im Wesentlichen das gleiche Bild wie gestern: Die langen Berge am Anfang habe ich deutlich mehr Druck auf dem Pedal als Felix und er muss mich ständig zur Vernunft ermahnen. Trotzdem sammeln wir ein Team nach dem anderen ein. Das geht so weiter bis wir auf Platz 18 vorgefahren sind – nicht übel! Es geht ständig über herrliche Trails. Wie Felix gestern so schön schrieb, verlieren wir als Fahrtechniklegastheniker dort immer etwas Zeit. Aber es hält sich in Grenzen und wir gewöhnen uns so langsam wieder ans Geländeradfahren. Zu Hause war das ja im Winter nur sehr eingeschränkt möglich. Zwischenzeitlich ärgern wir mal ein Zebra, welches die Hufe nicht von der Strecke kriegt. Letztere ist übrigens extrem ruppig. Da wir zur Minderheit der Hardtail-Fetischisten zählen, ist das manchmal nicht ganz so lustig. Aber wir beißen uns durch. Im letzten Drittel des Rennens wird es flacher. Jetzt ist die Zeit des kleinen dicken Jungen, wie er sich selbst nennt, gekommen. Ich kann mich nur noch klein in seinem Windschatten machen und hoffen, dass es bei den Schlägen von unten keinen meiner Zähne erwischt. Einige Male muss ich Felix bitten, etwas den Druck vom Pedal zu nehmen, um mich nicht ins Delirium zu fahren. Hinten raus wird’s etwas zäh für uns beide. Wir biegen ständig ab und haben das Gefühl uns dem Ziel in immer kleiner werdenden Kreisen zu nähern. Irgendwann ist auch das geschafft. Wir haben Platz 18 ins Ziel gebracht, was jetzt auch unserer Gesamtwertungsplatzierung entspricht. Nicht übel. Felix sieht trotz Sonnencreme etwas aus wie ein Krebs. Ich habe die Sonnencreme heute früh vergessen, habe aber am Anfang genug Staub abgefangen, sodass mir das erspart bleibt. Die Welt ist manchmal ungerecht. Dafür habe ich von dem ständigen Gerüttel eine fette Blase an der linken Handinnenseite. Die ersten Wehwehchen sind also schon da. Auch wenn wir Männer sind, sollte das alles nix sein, was uns vom Radfahren abhält. Jetzt versuchen wir, uns zu erholen und irgendwie zu kühlen. Das ist allerdings nicht ganz so einfach, da selbst das kalte Wasser zu warm ist. Mal sehen, ob die Regeneration trotzdem gelingt und was der morgige Tag bringt …
Bilder von Nick Muzik und Sam Clark/Cape Epic 2016/SPORTPICS

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